Ein kritischer Blick auf die musikalische Kulturlandschaft in Lübeck und Umgebung – mit Impulsen für eine lebendige Zukunft
1. Einleitung: Musik als gesellschaftlicher Kitt – aber unter Druck
Musik verbindet Menschen, schafft Gemeinschaft und fördert Kreativität. Doch wie steht es um die Möglichkeiten, in Lübeck und seinem Umkreis gemeinsam zu musizieren? Und wie ist die Situation für Künstler und Musikschaffende angesichts knapper öffentlicher Mittel? Dieser Artikel beleuchtet lokale Angebote, politische Rahmenbedingungen in Schleswig-Holstein sowie bundesweite Unterschiede – und zeigt Wege auf, wie Initiativen wie das Ensemble Lab zur Stärkung der musikalischen Kultur beitragen können.
2. Lokale Angebote zum gemeinsamen Musizieren: Ein Überblick
A. Klassische Musikschulen
In Lübeck gibt es z.B mit der Musik- und Kunstschule Lübeck oder der Musikschule am Rosengarten eine traditionsreiche Institution, die Einzel- und Gruppenunterricht sowie Ensembles anbietet. Im Umland finden sich weitere Musikschulen, etwa in Bad Schwartau oder Stockelsdorf.
Ensemble-Angebote (Auswahl):
Einrichtung | Ensembles/Chöre | Zielgruppe | Besonderheiten |
---|---|---|---|
Musik- & Kunstschule Lübeck | Orchester, Chöre, Bands | Kinder bis Erwachsene | Kooperation mit Schulen |
Kreismusikschule Ostholstein | Blasorchester, Streicher | Kinder/Jugendliche | Regionale Projekte |
Private Anbieter (z.B. Tontalente) | Popbands, Jazzensembles | Jugendliche/Erwachsene | Flexible Formate |
Kritik:
Die Angebote sind oft traditionell geprägt; innovative Formate oder niederschwellige Mitmachprojekte fehlen häufig. Zudem sind Wartezeiten auf Unterrichtsplätze keine Seltenheit.
B. Öffentliche Schulen
Viele allgemeinbildende Schulen bieten Schulchöre oder -bands an. Allerdings hängt das Angebot stark vom Engagement einzelner Lehrkräfte ab – strukturelle Förderung ist selten.
C. Freie Initiativen & Vereine
In Lübeck existieren zahlreiche Chöre (z.B. Lübecker Knabenkantorei), Laienorchester (z.B. Sinfonietta Lübeck), aber auch offene Jam-Sessions in Jugendzentren oder Kirchengemeinden.
Problem:
Viele dieser Initiativen kämpfen mit Raummangel, fehlender finanzieller Unterstützung und Nachwuchssorgen.
D. Orte zum gemeinsamen Musizieren (Beispiele im Umkreis)
Ort / Einrichtung | Angebot |
---|---|
CVJM Lübeck | Offene Bandproben |
Jugendzentrum Burgtor | Proberäume/Jam Sessions |
Kirchen (z.B. St.-Jürgen) | Gospelchor, Instrumentalgruppen |
Kulturzentrum Alte Meierei | Workshops & Sessions |
3. Politische Lage der Kulturlandschaft in Schleswig-Holstein
Schleswig-Holstein investiert pro Kopf weniger in Kultur als viele andere Bundesländer (Quelle: Statistisches Bundesamt). Die Kommunen tragen einen Großteil der Finanzierungslast – doch gerade Städte wie Lübeck stehen unter Spardruck.
Kulturetat Schleswig-Holstein im Vergleich (2022):
Bundesland | Kulturausgaben pro Kopf (€) |
---|---|
Berlin | 180 |
Sachsen | 120 |
Schleswig-Holstein | 70 |
Bayern | 110 |
Quelle: Statistisches Bundesamt
Fazit:
Die Mittel reichen kaum für den Erhalt bestehender Strukturen; innovative Projekte bleiben oft auf der Strecke.
4. Föderalistische Unterschiede: Wer fördert was?
In Deutschland ist Kultur Ländersache – das führt zu großen Unterschieden:
- In Stadtstaaten wie Berlin gibt es zahlreiche Förderprogramme.
- Flächenländer wie Schleswig-Holstein setzen stärker auf kommunale Eigenverantwortung.
- Kommunen entscheiden über Zuschüsse für Musikschulen/Vereine – bei klammen Haushalten wird hier zuerst gespart.
Konsequenz:
Musikalische Bildung hängt vom Wohnort ab („kulturelle Postleitzahlen-Lotterie“).
5. Finanzielle Lage & Auswirkungen auf Musiker*innen
Die finanzielle Situation vieler Künstler*innen ist prekär:
- Laut Deutschem Kulturrat lag das durchschnittliche Jahreseinkommen professioneller Musiker*innen zuletzt bei ca. 14.500 € brutto.
- Honorare stagnieren seit Jahren; Auftrittsmöglichkeiten nehmen ab.
- Corona hat die Lage weiter verschärft; viele Ensembles haben sich aufgelöst.
Öffentliche Förderung bleibt hinter Bedarf zurück:
Förderprogramme sind oft bürokratisch und schwer zugänglich; kleine Initiativen gehen leer aus.
6. Angebote der Musikschulen: Zeitgemäß oder veraltet?
Viele Musikschulen bieten nach wie vor klassischen Einzelunterricht an Instrumenten wie Klavier oder Geige an – wichtig, aber nicht mehr ausreichend:
- Populäre Instrumente (E-Gitarre, Schlagzeug) werden zwar angeboten, aber oft nur am Rand.
- Digitale Formate (Online-Unterricht, Producing-Kurse) sind selten.
- Flexible Kursmodelle fehlen meist; Wartelisten schrecken Interessierte ab.
- Lebenswelt junger Menschen wird wenig berücksichtigt: Kaum Hip-Hop-, Songwriting-, Bandcoaching-Angebote.
Beispiel Lübeck:
Die MKS bietet zwar einige moderne Kurse an („Bandfabrik“), doch innovative Ansätze bleiben punktuell.
7. Entwicklung des Musikinstrumentenhandels: Indikator für musikalisches Interesse?
Der Umsatz im deutschen Musikinstrumentenhandel ist ein Gradmesser für die Bereitschaft zur aktiven Musikausübung:
Umsatzentwicklung Musikinstrumente Deutschland (in Mio €)
Jahr | Umsatz Gesamt |
---|---|
2018 | 1.040 |
2019 | 1.060 |
2020 | 1.150 |
2021 | 1.200 |
2022 | 1.170 |
Quelle: Bundesverband der deutschen Musikinstrumentenhersteller
Nach einem Corona-bedingten Boom stagniert der Markt wieder leicht – ein Zeichen dafür, dass nachhaltige Strukturen fehlen?
8. Kritische Bewertung: Zu wenig Unterstützung für eine lebendige Musikkultur
Trotz des hohen Stellenwerts von Musik in der Gesellschaft fehlt es an nachhaltiger Förderung:
- Kommunale Mittel reichen kaum für den Erhalt bestehender Einrichtungen.
- Innovative Projekte werden selten gefördert.
- Viele Räume zum gemeinsamen Musizieren fehlen oder sind teuer.
- Die Angebote passen sich nur langsam den Bedürfnissen einer vielfältigen Gesellschaft an.
Das Ergebnis:
Eine prosperierende musikalische Landschaft entsteht nicht von allein – sie braucht gezielte Investitionen!
9. Impulse für die Zukunft: Ensemble Lab als Teil der Lösung
Hier setzt das Ensemble Lab an: Mit Workshops, Coachings und kreativen Projekten bietet es flexible Möglichkeiten zum gemeinsamen Musizieren – unabhängig von Alter oder Vorkenntnissen.
Vorteile solcher Initiativen:
- Niedrigschwellige Angebote ohne lange Wartezeiten
- Individuelle Förderung
- Zeitgemäße Inhalte (z.B. Bandcoaching, Songwriting)
- Stärkung sozialer Kompetenzen durch gemeinsames Musizieren
Gerade weil öffentliche Strukturen schwächeln, gewinnen private Initiativen an Bedeutung!
Fazit
Die musikalische Kulturlandschaft rund um Lübeck steht vor großen Herausforderungen: Öffentliche Mittel schrumpfen, klassische Angebote passen sich nur langsam an neue Bedürfnisse an – dabei wächst das Bedürfnis nach gemeinsamer musikalischer Erfahrung stetig weiter! Es braucht mehr Mut zu Innovationen und gezielte Förderung neuer Formate.
Initiativen wie das Ensemble Lab zeigen Wege auf, wie Menschen aller Altersgruppen zusammenfinden können – trotz schwieriger Rahmenbedingungen! Wer heute investiert – ob als Kommune oder Privatperson –, legt den Grundstein für eine lebendige musikalische Zukunft in unserer Region.
Quellen:
Statistisches Bundesamt; Deutscher Kulturrat; Bundesverband der deutschen Musikinstrumentenhersteller; Webseiten lokaler Musikschulen; eigene Recherche